Die Psychomotorische Haltung

Wir verstehen unsere Arbeit mit den Kindern als ganzheitliche Entwicklungsbegleitung. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Kinder von Geburt an eine natürliche Neugier und einen Drang zur Entwicklung mitbringen. Manchmal scheinen diese Schätze allerdings verborgen oder zugedeckt zu sein und sie müssen erst einmal entdeckt werden! Dazu bieten wir den Kindern einen psychomotorischen Raum an, in dem wir eine besondere Zeit zur Verfügung stellen mit der Absicht,

eine entwicklungsfördernde Atmosphäre von gegenseitiger Wertschätzung und Akzeptanz zu schaffen.

In einem Wechselspiel von Vorschlag und Gegenvorschlag (Dialogische Psychomotorik) suchen wir über Bewegungsspiele den Kontakt zu dem einzelnen Kind, finden Zugänge zu seiner Wirklichkeit, nutzen die individuellen Stärken und begleiten das Kind im Kontext der Gruppe in seiner Entwicklung. Auf diesem Wege meistert das Kind selbst gestellte Aufgaben in Bewegungsgeschichten. Die Erfahrung „Ich kann´s bzw. Ich schaff´s“ ist für viele Kinder eine seltene Erfahrung. Es motiviert in die nächste Psychomotorik-Stunde zu kommen und weiter zu machen. Der Zugang zu den verborgenen Potentialen ist gefunden. Aufbauend auf dieser sich stabilisierenden Beziehung beginnt sich ein positives Selbstkonzept zu entwickeln. Von da an kann das Kind ohne überfordernde Leistungserwartung auf die nächsten Entwicklungsstufen klettern. So gesehen ist Psychomotorik auch eine innere Haltung, die psychomotorische Haltung. In diesem Artikel aus dem Jahr 2014 erfahren Sie mehr über diese Haltung: "Die psychomotorische Haltung" In: Zimmer, Renate u.a.: Inklusion bewegt - Herausforderungen für die frühkindliche Bildung.

 

Wir nutzen zwar das Medium Bewegung, haben aber immer auch sowohl die sozialen und kognitiven als auch die emotional-affektiven Anteile des Menschen und dessen Umgebung im Blick (Ganzheitlichkeit). 

Vielfältige Spiel- und Handlungsmöglichkeiten helfen dem Kind:

  • sich und seinen Körper intensiver wahrzunehmen, kennen zu lernen, sich selbst zu akzeptieren und sich immer wieder als erfolgreich zu erleben
    (Körpererfahrung);
  • seine gegenständliche Umwelt über verschiedene Sinne differenzierter zu erfahren, sie kennen zu lernen, (physikalische) Zusammenhänge zu erkennen, sich in ihr zu orientieren und angemessen zu handeln;
    (Materialerfahrung)
  • seine soziale Umwelt in ihrer Vielfalt kennenzulernen, seine Bedürfnisse mitzuteilen, sich zu behaupten, Kompromisse zu schließen gemeinsam zu handeln.
    (Sozialerfahrung)

In der Psychomotorik gibt es weder vorgegebene oder vorgeschriebene Bewegungsnormen noch stures Vor- und Nachmachen von Bewegungsfertigkeiten. Ohne negative Bewertung oder beschämende Situationen kann jeder frei und ungezwungen eigene Bewegungs- und Lösungsmöglichkeiten im Rahmen vorgegebener Spiel- und Lernangebote ausprobieren und finden.

Hierfür werden verschiedene Elemente der Bewegungspädagogik genutzt:

  • Lauf- und Fangspiele, Bewegungs- und Konzentrationsspiele
  • Bewegungsgeschichten wie "Raumfahrt", Dschungeldurchquerung o.ä. (siehe auch Beispielstunde)
  • Bewegungsspiellieder
  • kreatives freies Spiel, Rollenspiel etc.
  • Kindgemäße Entspannungsspiele

Dabei sind der Spaß am Sich-Bewegen und die Freude am selbstbestimmten erfolgreichen Tun die motivierenden Triebkräfte für eine ständige Erweiterung der Erfahrung an sich selbst und mit der Welt.

In der psychomotorischen Theorie und Praxis haben sich bis heute sehr unterschiedliche Schwerpunkte entwickelt. Je nach Bezugstheorie divergieren die Richtungen von einer der Physiotherapie nahe stehenden funktionalen Mototherapie, über einer der Sportpädagogik angelehnten Motopädagogik bis hin zur Systemischen Psychomotorik basierend auf den modernen Ansätzen der Systemtheorie, der Chaostheorie und des Konstruktivismus.